So katapultieren sich Führungskräfte ins Aus: „Es geht so“ – „Mal sehen“ - „Keine Ahnung“ – „Ist mir egal“ – Das kann man so und so sehen“
2017, irgendwo in Deutschland: Ein Arbeitgeber verkündet im Rahmen einer Betriebsversammlung, dass er bis Ende des Jahres mehrere hundert Arbeitsplätze abbauen wird. Die Mitarbeiter sind geschockt und fallen nach der Versammlung regelrecht über ihre Chefs her. „Was kommt da auf uns zu? Wie geht es Ihnen mit dem angekündigten Stellenabbau?“ Nachvollziehbare Fragen, die nach Orientierung rufen.
Doch Chefs, die antworten, wie die Zitate klingen, geben null Orientierung, ganz im Gegenteil: sie verstärken die Verunsicherung.
Einige Leser werden nun denken „Was sollen Vorgesetzte denn sonst sagen, wenn sie selbst auch nicht mehr wissen als der Mitarbeiter?“
Da gibt es einige sinnvolle Alternativen, lautet meine Antwort. Es gehört zu den Aufgaben von Führungskräften, ihren Mitarbeitern Orientierung zu geben. Dies geschieht mindestens dadurch, dass Führungskräfte Position beziehen, das bedeutet eine Haltung zu Themen zu entwickeln und diese vertretbar und adäquat zu formulieren.
Auf die oben genannten Fragen der Mitarbeiter ist z.B. folgende Reaktion denkbar: „ Es ist schon länger die Rede von Stellenabbau und ich finde es gut, dass die Geschäftsleitung nun konkreter geworden ist. Damit hat die Gerüchteküche ein Ende. Ich bin sicher, dass das Management uns auf dem Laufenden halten wird, denn es liegt auch in deren Interesse, dass die Arbeit gut weiter geht und Unruhe weitgehend vermieden wird. Ich kann Ihnen jedenfalls versichern, dass ich Sie mit weiteren Informationen versorgen werde, wenn ich Näheres erfahre.“
So oder ähnlich kann eine Antwort von einer Führungskraft klingen, die sich positioniert und eine Haltung ausdrückt. Die Mitarbeiter wissen, woran sie sind und was ihre Führungskraft denkt. Dabei ist es sekundär, ob die Mitarbeiter sich der Sichtweise anschließen können. Wichtig ist erst einmal, dass sie in ihrer Führungskraft einen Ansprechpartner finden, der klar macht, was er denkt.
Klarheit in der eigenen Positionierung – eine echte Herausforderung und gleichzeitig ein Manko in unserer Berufswelt, teilweise sogar in unserer Gesellschaft.
Manche Menschen scheinen schlichtweg abzustumpfen, zeigen kein Interesse mehr an Sichtweisen anderer und entwickeln kaum noch eigene Sichtweisen. Simple Fragen nach dem gerade beendeten Urlaub oder dem zurückliegenden Wochenende werden mit einem gleichgültig klingenden „Ganz okay.“ beantwortet.
„Wie gefällt Ihnen der neue Job?“ Reaktion: „Abwarten – kann ich momentan noch nicht sagen.“ Der Antwortende hatte die Stelle bereits fünf Monate inne.
„Was soll das?“ frage ich mich oft nach solchen unerfreulichen Reaktionen. Da verliere ich die Lust auf weiteren Dialog – und verstehe, dass Mitarbeiter immer mehr Abstand von Chefs nehmen, die nichtssagende, oberflächliche Gesprächshülsen von sich geben.
Wer zu vielen Themen, wichtigen und unwichtigen, keine klare Position bezieht, verliert an Bedeutung und Aufmerksamkeit. Das Ausbleiben klarer Worte, das Ausdrücken angemessener Gefühle und Reaktionen provoziert Gleichgültigkeit im Umfeld. Warum sollen Mitarbeiter ihren Chef fragen, was er von den Aussagen des Managements hält, wenn sie bereits wissen, dass eine nichtssagende Antwort folgt?
Führen vollzieht sich in Beziehung und der Nährboden ist Kommunikation, Austausch von Sichtweisen und Meinungen. Daher appelliere ich an jede Führungskraft: positionieren Sie sich und geben Sie mit Ihrer Haltung Halt.
Einen guten Start in die Arbeitswoche wünscht Ihnen
Nicole Pathé