©AdobeStock Businessman masked stress on the company stairs.

Vom Mitarbeiter zum Mitgestalter

(10. September 2019) In vielen Unternehmen geht ein tückischer und hochansteckender Virus um: die chronische Unzufriedenheit. Er erwischt vor allem Mitarbeiter, die sich als Opfer unserer Arbeitswelt fühlen und damit zum Verlierer jedes Change-Prozesses werden.

Typische Symptome dieser Krankheit sind der Montagsblues und die feste Überzeugung, der heutigen, volatilen Arbeitswelt schutzlos ausgeliefert zu sein. Die Spezies der TOP-Arbeitnehmer hingegen ist immun gegen diesen Unzufriedenheitsvirus. Sie entwickelt ein starkes Abwehrsystem, das vor allem auf zwei überlebenswichtigen Kompetenzen beruht: Klarheit über die eigenen Ressourcen und die Courage, ihre Potenziale auszuschöpfen. Das ist es, was erfolgreiche Arbeitnehmer in Zeiten von VUKA, Change und digitaler Transformation brauchen, damit der eigene Arbeitsplatz eine Quelle der Zufriedenheit wird oder bleibt.

Der Change in unserer Arbeitswelt hat sich verstetigt. Er ist zur Selbstverständlichkeit in dynamischen Märkten geworden. Was noch nicht selbstverständlich geworden ist, ist der Umgang mit Veränderungen – weder für Führungskräfte noch für deren Mitarbeitende.

Für die meisten Berufstätigen stellen sich die Auswirkungen des stetigen Wandels ähnlich dar: der xte Vorgesetztenwechsel innerhalb weniger Jahre, hohe Fluktuation, andere Ansprechpartner, ungewohnte Arbeitsabläufe, neue Einsatzorte und Arbeitsstätten, veränderte Jobinhalte und -aufgaben. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen und bereitet den meisten Beschäftigten Sorgen. Denn der Mensch ist ein Gewohnheitstier: Er mag in der Regel keine Veränderungen. Sie provozieren schnell innere Unzufriedenheit – vor allem, wenn der Mensch sich den Veränderungen schutzlos ausgeliefert fühlt. Die Folge dieses häufigen Denkfehlers: eine schlechtere Performance bis hin zur inneren Kündigung.

So sind Sie Veränderungen nicht schutzlos ausgeliefert
Doch niemand ist Veränderungen in der Arbeitswelt schutzlos ausgeliefert, zumindest nicht in Deutschland, wenn er Klarheit und Courage als sich verbindende Kompetenzen entwickelt und nutzt. Sie entstehen zunächst im Bewusstsein eines Menschen und zeigen sich in einer klaren Kommunikation nach außen.

Mit den folgenden acht Prinzipien geben Sie Ihrem inneren und äußeren Dialog Schwung für mehr Klarheit und Courage:


1. Reden Sie Tacheles!
Tacheles reden bedeutet, dass man klipp und klar und ohne Umschweife auf den Punkt bringt, was man sagen möchte. Tacheles stammt aus dem Jiddischen und bedeutet „Ziel“ oder „Zweck“. Der Sender einer Botschaft verfolgt neben einem inhaltlichen Ziel die konkrete Absicht, verstanden zu werden. Vielleicht unterstellen wir das erstmal jeder Botschaft, aber mit dem inneren Vorsatz, Tacheles zu reden, liegt eine besondere Konzentration darauf, den anderen tatsächlich mit dem Gesagten zu erreichen, mit dem Ziel auch wirklich etwas zu bewirken. Klartext zu reden ist außerdem eine wunderbare Waffe gegen Unzufriedenheit. Mitarbeiter, die ihre Vorstellungen klar adressieren, machen sich zum Mitgestalter von Change. Formulieren Sie klar Ihre Antworten auf Fragen wie: Welche inhaltlichen Merkmale sollten meine künftige Aufgabe im und nach dem Change-Prozess abdecken, damit ich meine Kompetenzen erfolgreich einbringen kann? Wie wichtig sind mir Jobinhalt und Funktion? Verleihen Sie diesen Antworten nicht klipp und klar Ausdruck, landen Sie später mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer Position, in der Sie nicht zufrieden sind und auch nicht Ihre Stärken einsetzen können. Das nutzt weder Ihnen noch dem Unternehmen.

2. Holen Sie sich Antworten!
Wer gar nicht erst versteht, was läuft, hat schlechte Voraussetzungen für sinnvolle Überlegungen. Das bedeutet, dass Beschäftigte die Courage aufbringen sollten, die Fragen zu stellen, auf die sie Antworten brauchen. Warum dieses Change-Projekt? Welche Auswirkungen sind zu erwarten? Das gilt auch und vor allem fürs mittlere Management. Warten Sie nicht darauf, dass Ihnen vollendete Tatsachen präsentiert werden, sondern holen Sie sich die notwendigen Informationen, um Veränderungsprozesse in Ihrem Sinne mitzugestalten.

3. Machen Sie, was Sie wollen!
Wenn man tut, was andere wollen, überlässt man den anderen die Verantwortung. Wenn es schiefgeht, kann man immer sagen: „Aber der hat gesagt, ich soll das so machen.“ Mitgestalter übernehmen bereitwillig Verantwortung für den eigenen Erfolg und sie sehen darin den eigenen Beitrag am großen Ganzen, sprich am Erfolg des Unternehmens. Gleichzeitig haben Sie eine klare Vorstellung von beruflichen Rahmenbedingungen, die sie für ihre Zufriedenheit brauchen, und wissen, welche Art von Job dem nahekommt. Ziel der inneren Klarheit ist also, ein Bewusstsein darüber zu entwickeln, welchen Job man am liebsten machen würde. Courage bedeutet, alles dafür zu tun, der Idealvorstellung so nahe zu kommen wie möglich – ob nun im eigenen Unternehmen oder durch einen Jobwechsel. Auch Ihr Unternehmen hat nichts davon, wenn Ihre Leistungen durch Unzufriedenheit sinken.

4. Finden Sie Ihren Platz!
Die Leistung des Einzelnen ergibt sich aus der Kombination von Leistungsfähigkeit (was kann ich?) und Leistungsbereitschaft (was will ich?). Der Arbeitsplatz, an dem ein Beschäftigter diese Kombination maximal bespielen kann, ist der ideale Arbeitsplatz. Haben Sie sich einmal Ihre Anforderungen an den idealen Arbeitsplatz bewusst gemacht, wird Vieles einfacher. Sei es die Suche nach einem anderen Job, die neue Aufgabe nach der Umstrukturierung oder der Wechsel in ein anderes Team. Das Bewusstsein über die idealen Anforderungen, über die K.-o.-Kriterien, aber auch über die eigenen Lernfelder hilft dabei, den Kontext oder die Aufgabe zu finden, mit der Sie zufrieden und erfolgreich sein können.

5. Seien Sie auch mal illoyal!
Jedes Unternehmen wünscht sich loyale Mitarbeiter, aber Loyalität gegenüber dem direkten Vorgesetzten passt nicht immer zur Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber. Letztere ist auf jeden Fall höher zu bewerten. Das kann auch mal bedeuten, dass Kritik am Verhalten des Chefs an höherer Stelle offenzulegen ist. Solchen Mut gilt es dann allerdings auch von Unternehmensseite zu belohnen und nicht abzustrafen.

6. Bleiben Sie sich treu!
In unserer heutigen Arbeitswelt kann es schnell passieren, dass wir an Jobs geraten, die uns wenig bis gar nicht entsprechen. Eine Restrukturierung jagt die nächste und ehe man sich versieht, erfolgt die Versetzung in einen Bereich, in den man freiwillig nie gewechselt wäre. Wer langfristig einer Aufgabe nachgeht, die er weder gerne noch gut macht, gefährdet seinen Arbeitsplatz. Freude ist der Motor für Erfolg. Inhalte, zu denen wir weder Bereitschaft noch Kompetenz mitbringen, treiben uns ins Abseits und gefährden zusätzlich die eigene Gesundheit. Ausreden, warum ein Aufgaben-, Job- oder Positionswechsel nicht in Frage kommt, sind schnell gefunden, aber wenn wir ganz ehrlich zu uns sind, befinden wir uns meist in der Position, es am Ende selbst in der Hand zu haben.

7. Machen Sie Ehrlichkeit und Offenheit zu Ihren Stärken!
Mitgestalter bringen ihre Sichtweisen und Vorstellungen zum Ausdruck. Das bedeutet aber nicht, dass sie einfach drauflosreden und ungefiltert sagen, was sie denken. Passen Sie Ihren Grad an Ehrlichkeit und Offenheit bewusst Ihren Zielen an. Überlegen Sie, was sinnvoll ist zu tun, um Zufriedenheit und Erfolg positiv zu beeinflussen. Und behalten Sie dabei die eigenen Interessen und die Ihres Arbeitgebers im Blick. Wer auf der anderen Seite mit seiner Meinung zu sehr hinterm Berg hält, überlässt den Change Anderen und macht sich zum Opfer der Ereignisse.

8. Hinterfragen Sie sich!
Wer seine eigenen Stärken und Schwächen kennt, sie immer wieder mit der Sichtweise Anderer abgleicht, sorgt für ein realistisches Selbstbild. Daher ist das Einholen von Feedback und der Abgleich mit eigenen Einschätzungen ein wichtiger Kompass zur Klarheit.

Eine Unternehmenskultur der Mitgestaltung
Sind Klarheit und Courage fester Bestandteil der Unternehmenskultur, tun sich sowohl Führungskräfte und Mitarbeitende als auch das Unternehmen an sich leichter, den Change zu bewältigen. Denn eine solche Kultur macht Betroffene zu Beteiligten und Mitarbeiter zu Mitgestaltern. Ein Arbeitgeber, der Klarheit und Courage wertschätzt, fördert und als existenziell notwendige Bestandteile einer zeitgemäßen Unternehmenskultur akzeptiert, hat daher die besten Chancen, den stetigen Wandel erfolgreich umzusetzen.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf chefbuero.de