Tausendmal frustriert – tausendmal ist nichts passiert

Sie ärgern sich über etwas? Es gehen Ihnen Themen durch den Kopf, die Sie zurückhalten, obwohl sie Ihnen wichtig sind?

Einmal ist kein Mal, zwei Mal sind noch okay. Aber was ist, wenn wir uns zum dritten Mal vornehmen, ein für uns wichtiges Thema anzusprechen ohne es zu tun?

Diese oder ähnliche Situationen kennt jeder:

  • Den Chef ärgert es zum wiederholten Mal, dass seine Assistentin Termine zu kurz hintereinander schaltet, ohne Puffer für Unvorhergesehenes oder Zeiten für Vorbereitung einzuplanen. Der Zeitdruck ist vorprogrammiert.
  • Den Mitarbeiter ärgert es zum xten Mal, dass sein Chef kein Wort über die außerhalb der Arbeitszeit geleistete Arbeit verliert. Wertschätzung und Anerkennung gefühlt null.
  • Der Geschäftsführer hat den Eindruck, die vor wenigen Wochen besetzte Position der Bereichsleiters falsch entschieden zu haben. Die Probezeit läuft dahin.
  • Der Urlaub hat gezeigt, dass ein Paar sich nichts mehr zu sagen hat. Ein schweigendes Miteinander, das belastet.

Der Chef, der Mitarbeiter, der Geschäftsführer und das Paar nehmen sich fest vor, ihre Unzufriedenheit bei nächster Gelegenheit anzusprechen.

Klingt logisch, klingt einfach: jemand ist unzufrieden und möchte diesen Zustand verändern, indem er im ersten Schritt der Unzufriedenheit Ausdruck verleiht und sie dem Verursacher gegenüber adressiert.

Aber Menschen handeln nicht immer logisch, weil sie keine Maschinen sind: die relevanten Themen werden oft nicht angesprochen, weil Fragen mit Bildern beantwortet werden, die nicht mit der Realität abgeglichen werden. Es entstehen Vorstellungen von Worst-case-Szenarien, die lähmen.

Auf die oben genannten Beispielsituationen bezogen sind folgende Szenarien möglich:

  • Wenn ich der Assistentin sage, dass ihre Zeitplanung Druck aufbaut, hält sie mich bestimmt für wenig belastbar.
  • Wenn ich meinen Chef auf die geleisteten Überstunden anspreche, denkt er bestimmt, dass ich mein Pensum in der normalen Arbeitszeit nicht schaffe.
  • Wenn ich den neuen Bereichsleiter mit meinen Wahrnehmungen kritisiere, laufe ich Gefahr, dass sich meine personelle Entscheidung der Einstellung als falsch erweist.
  • Wenn ich meinem Lebenspartner sage, wie belastend für mich die fehlende Kommunikation ist, wird er mich nicht verstehen.

Derartige Gedanken und Worst-case-Szenarien ergreifen Besitz von uns. Aus einer möglichen Reaktion auf unser Feedback wird gefühlte Realität. Je größer sie wird, desto mehr treten Klarheit und Mut in den Hintergrund. Diese beiden Werte brauchen wir, um der Zufriedenheit eine Chance zu geben. Sprechenden Mensch kann geholfen werden, – und über das Wesentliche zu sprechen, erfordert Mut. Das Wesentliche ist das, was uns die Chance auf Zufriedenheit und Erfolg gibt.

Ich wünsche Ihnen, lieber Leser, dass Sie der goldenen Dreier-Regel folgen, wenn Sie das Verhalten eines Menschen stört:

  • Nach dem ersten Mal machen Sie sich bewusst, was Sie stört und welches Verhalten Sie sich stattdessen wünschen.
  • In der folgenden Situation, in der Sie dasselbe Verhalten stört, nehmen Sie sich fest vor, es beim nächsten Mal anzusprechen.
  • Zeigt die Person zum dritten Mal das für Sie störende Verhalten, adressieren Sie Ihre Wahrnehmung und Unzufriedenheit und gehen ins Gespräch.

Mut braucht manchmal einen Schubser, damit wir nicht tausendmal frustriert sind über unsere eigene Feigheit, die uns davon abhält, Kritik und Wünsche anzusprechen.